In vielen christlichen Familien wird heute Nikolaus gefeiert. Aber warum eigentlich? Die Legende um den Heiligen Nikolaus, der mit seinem Erbe den Armen seiner Gemeinde half und zahlreiche Wunder vollbrachte, steht längst nicht mehr im Vordergrund des Feiertags. Der 6. Dezember ist für viele mittlerweile vor allem eins geworden: Ein Grund vieeeel Schokolade zu essen und sich gegenseitig zu beschenken. Um das winterliche Schmökern noch schöner zu gestalten, gibt es daher heute neben ein paar Nikolaus-Facts mal wieder tolle Dezember-Buchempfehlungen von der Litaffin-Redaktion.
Warum eigentlich Nikolaus?
Versucht man den „Nikolaus“ im Internet zu googeln, stößt man schnell auf Bilder von weißen, bärtigen Männern in roten Mänteln. Doch wer war dieser Heilige Nikolaus? Und ist sein roter Mantel wirklich eine Erfindung von Coca-Cola?
Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, herauszufinden, wer dieser Nikolaus nun eigentlich ist. Das liegt vor allem daran, dass in der Figur zwei historische Personen zu einer verschmolzen sind. Zum einen gedenkt die christliche Kirche am 6. Dezember dem Heiligen Nikolaus von Myra. Der einstige Bischof lebte vermutlich im 4. Jahrhundert in einem Kloster in Myra, im Südwesten der heutigen Türkei. Dort soll er sein großes Erbe gespendet haben, um die Armen in seiner Gemeinde zu unterstützen. Seitdem gilt er als Helfer in Not und wird als Schutzpatron der Kinder und Jugendlichen verehrt. Der andere Nikolaus, Nikolaus von Sion, stammte ebenfalls aus der Nähe von Myra, lebte dort allerdings gut 200 Jahre später. Dieser Nikolaus soll zahlreiche übernatürliche Wunder vollbracht haben.
In vielen Ländern ist der Nikolaus als großzügiger Gabenbringer einer der wichtigsten Heiligen. Ursprünglich kam er stets in Bischofsgarderobe, also mit traditionell weiß-rotem Bischofsgewand und Mitra, und brachte den Kindern und Armen Geschenke. Mit der Zeit wurde dann aus dem Nikolaus der amerikanische Santa Claus. Daraus entwickelte sich die heutige Rezeption als Weihnachtsmann. Dessen Aussehen geht jedoch nicht auf den Konzern Coca-Cola zurück, wie vielerorts behauptet wird, sondern auf Thomas Nast. Dieser zeichnete schon 1862 den Nikolaus alias Santa Claus mit weißem Rauschebart, rotem Mantel und fellbesetzter Mütze.
Wie man also sieht, Legenden über Legenden. Und in diesem Sinne wünschen wir einen fröhlichen Nikolaus und schönes Stöbern in unseren Kulturtipps zum Dezember!
Kulturempfehlungen für den Dezember
Thekla empfiehlt Die Jahre von Annie Ernaux
Annie Ernaux gilt als eine der wichtigsten Stimmen der französischen zeitgenössischen Literatur. In ihrem Roman Die Jahre verarbeitet sie eindrucksvoll ihre eigenen Lebenserfahrungen. Sie erzählt von dem kleinen Mädchen, das abends am Kamin den Erzählungen aus der Kriegszeit lauscht. Der jungen Frau, die ihre Sexualität entdeckt, während der Algerienkrieg wütet. Der Mutter, die eine Karriere an der Universität anvisiert. Der Lehrerin, die die Studentenbewegung 1968 nur aus der Ferne verfolgt. Und schließlich gibt sie auch der alternden Frau, der die technischen Entwicklungen der 2000er Jahre befremdlich vorkommen, eine Stimme. Anhand von Fotografien, Erinnerungen und Aufzeichnungen führt uns Annie Ernaux durch ein ganzes Leben. Doch es ist nicht nur ihr Leben. Annie Ernaux schafft es auf eine einzigartige Weise, die kollektive Biografie einer ganzen Generation zu schreiben.
Als Geschenk für: Frauen* aller Generationen.
Dazu passt: Ein Plausch mit der eigenen Oma und französische Chansons.
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Julia empfiehlt Der Anbeginn von Katharina Johanna Ferner
Die namenlose Protagonistin wird geboren in einem Dorf, das nach ganz eigenen Gesetzen waltet. Im Dorf kann das Sagenumwobene vom Wirklichen nur schwer unterschieden werden. Tiere sind so eigensinnig Teil des dörflichen Kosmos, wie auch die Toten im Bereich der Lebenden wirkmächtig bleiben. Die vergehende Zeit unterliegt dem beständigen Rhythmus von Geburt und Tod – für jedes neue Leben ein altes, so, wie es das Gesetz will. Katharina Johanna Ferner hat eine Welt geschaffen voller Erde, Freiheit, Mut, krabbelnden Wesen und geheimen Geschichten. Das Heranwachsen der Protagonistin ist mal spielerisch, mal existentiell und immer begleitet vom tröstlichen Rat der verstorbenen Großmutter. Diese Welt aber ist auch eine archaische, von Härte, Angst und patriarchalen Mustern durchzogene. Es liest sich aufreibend im Wechsel vom Träumerischen zum Zerstörerischen und wieder zurück.
Als Geschenk für: Liebhaber*innen von schönen Covern, sagenhaften Welten und starken Protagonistinnen
Dazu passt: Ein warmer Ort für die Fantasie und eine Portion Mut
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Thekla empfiehlt das Musikalbum Kaléko von Dota Kehr
Dota Kehr, früher auch bekannt als Kleingeldprinzessin, wendet sich in diesem Herbst mit einem ganz besonderen Geschenk an ihre Zuhörer*innen. In ihrem neuen Album vertont sie die Gedichte der jüdischen Dichterin Mascha Kaléko. Sagenhaft einfühlsam nähert sie sich der sonderlichen Sprache der 1930 Jahre an und transportiert Kalékos poetische Worte in ein Hier und Jetzt. Dabei offenbaren die mal fröhlichen, mal schwermütigen Lieder ein ganzes Universum. Mit einer unfassbaren Leichtigkeit treffen Dotas musikalische Interpretationen den ironisch-zärtlichen und manchmal melancholischen Ton der immer noch unterschätzten Lyrikerin. In Kaléko verbinden sich die Stimmen zweier Frauen voller Leuchtkraft und helfen uns durch düstere Dezembertage hindurch: „Kommt eine Zeit dann schwindet das Dunkel, funkelt das wiedergebohrene Licht.“ Ein ungewöhnliches Album, das verwundert und berührt. Reinhören lohnt sich!
Als Geschenk für: Fans der deutschen Popmusik und für alle, die sich von zarten Stimmen entführen lassen wollen.
Dazu passt: Ein winterlicher Spaziergang.
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