Weiterer Seitenhieb auf Hegemann: Offener Brief des Bundesverbandes junger Autoren und Autorinnen (BvjA) am Welttag des Buches.
„Mit Sorge betrachtet der Bundesverband junger Autoren und Autorinnen (BVjA) seit geraumer Zeit den in der Verlagsbranche allgemein zu beobachten- den Trend, dass eine Sensation mehr wiegt, als ein sorgsam gearbeitetes Buch“, heißt es im Offenen Brief, der im Wortlaut auf der Webseite des Börsenblatts nachzulesen ist.
Die Planung kommerzieller Erfolge beeinflusse die Programmgestaltung der Verlage in nicht mehr hinnehmbarem Maße, so der wesentliche Vorwurf der jungen Autoren und Autorinnen. Während die Verlage munter Lizenzen aus dem Ausland einkaufen und Prominente als Autoren akquirieren, um schnelle Verkaufserfolge zu erzielen, bleiben die jungen deutschen Talente auf der Strecke. Sie zu verlegen: ein Risiko, das immer weniger Verlage bereit sind einzugehen. So weit, so nachvollziehbar die Lage der Autoren.
Doch mehr und mehr nähert sich der Tenor des Offenen Briefes dem der „Leipziger Erklärung“ an, die damals unter anderem Sibylle Lewitscharoff, Günter Grass und Christa Wolf unterzeichneten. Denn es bleibt leider nicht aus, dass der (drohende) Niedergang des Verlagswesens auch am Übersehen „offensichtlicher Plagiate“ festgemacht wird. Der Fall Hegemann, er ist eine Steilvorlage, auch für die Kritik des Bundesverbandes. Doch ist die Aufweichung des Urheberrechts nach dem Einzelfall bei Ullstein tatsächlich eine reale Gefahr für den Literaturbetrieb?
Der Plagiatsfall wird angeführt, weil sich nun scheinbar auch die junge Generation der Schriftsteller gezwungen sieht, sich von Hegemann zu distanzieren. Es hat den Anschein, ein ganzer Berufsstand fühle sich von ihr beleidigt, ja diskreditiert. Mit dem Strobo-Plagiat zu argumentieren ist dennoch fragwürdig und nicht zuletzt effekthascherisch. Zur Untermauerung der Kritik wäre der Seitenhieb jedenfalls nicht nötig gewesen: Der Vorwurf, weite Teile des Literaturbetriebs gehörten längst zur Unterhaltungsindustrie, ist berechtigt und wiegt für sich genommen schwer genug.
Aus diesem Grund darf bezweifelt werden, dass überhaupt jemand dem „Einzug der Kommerzialisierung“ Einhalt gebieten will. Denn letztlich – und das wissen auch die Verlage – geht es den jungen Autoren eben nicht nur um Literaturförderung, die ja hierzulande gerade für den Nachwuchs vorhanden ist (wie Petra van Cronenburg aus Autorensicht in ihrem Blogbeitrag kommentiert). Es geht den jungen Autoren auch, wenn nicht vor allem, um ihre Existenz, die einer wirtschaftlichen Grundlage bedarf. Und spätestens hier beißt sich die Katze in den Schwanz.
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„Kunst und Kommerz“, das alte Spannungsfeld. Die Hysterie darüber ist zwar verständlich, aber irgendwie auch genauso anstrengend wie die Angst vor der allgemeinen „Eventisierung“ der Kultur. Sobald etwas für die Massen tauglich sein soll, darf man von einer Niveausenkung und von Naserümpfenden Sachverständigen ausgehen ob der unerträglichen Banalisierung. Dass sich das aber immer gut verkauft und der Konsument damit wesentlich weniger Probleme als der Produzent zu haben scheint, ist nicht von der Hand zu weisen. Das spricht entweder für eine nicht mehr ganz so schleichende Verblödung der Gesellschaft oder vielleicht auch dafür, dass das, was wir unter „Kunst“ verstehen, vielleicht gar nie massentauglich war und es auch niemals sein wird. Der Vorwurf, dass sich der Literaturbetrieb zur Unterhaltungsindustrie entwickelt, hat seine Berechtigung und natürlich ist eine Zukunft, in der sich Bücher nur noch über Skandale oder als trendiges Szene-Accessoire verkaufen lassen, alles andere als erstrebenswert. Mir scheint aber auch, es handelt sich dabei um einen Extremfall, der sich in eben dieser Form wohl nicht dauerhaft etablieren wird. Dieser offene Brief ist in jedem Fall ein engagierter Fingerzeig auf derzeitige Defizite. Dass diese aber vom Markt, das heißt auch: von den Lesern, bereitwillig angenommen und akzeptiert werden, ist jedoch eine Tatsache, die der Betrieb beim Jammern keinesfalls ausklammern sollte.
Wenn ich so etwas lese (http://www.boersenblatt.net/381374/), muss ich sagen, ich bringe durchaus Verständnis für die jungen Autoren auf. Das „schnelle, aktuelle Buch“ mit „Klatsch und Tratsch“ aus der Feder von „Promis“. Das Ziel: Die Bestsellerliste. Oh je. Das hat uns gerade noch gefehlt…