Der zehnte Berliner Wintersalon hat seit Donnerstag seine Jurten geöffnet und lädt ein zum kurzen Eintauchen in eine gänzlich unstädtische Welt.
Über drei Jurten stolpern hastig eilende Geschäftsmänner und Touristen aus aller Welt zur Zeit im Innenraum des Sony Centers. Drei runde Zelte, die bereits von außen symbolisieren, dass sie dorthin eigentlich nicht gehören, sich nicht einreihen mögen in den ansonsten so futuristisch anmutenden, hohen Gebäudekomplex. Und tatsächlich entführt einen das Betreten eines dieser in Relation winzig anmutenden Konstrukte in eine gänzlich andere Atmosphäre.
Einen Kreis bildend begeben sich etwa 30 Personen unterschiedlichsten Alters pro Jurte auf einen gemeinsamen Ausflug. Es geht weg von der Hektik dieses geschäftigen Platzes inmitten der Großstadt. Spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem die Autorin Platz nimmt und der Eingang der Jurte geschlossen wird, fühlt es sich an, als sei man auf einem Campingausflug.
Wärmend zusammengerückt lauschen die Zeltplatznachbarn der Stimme, die erzählt – von vorne bis hinten in kurzen Passagen wie Dorothee Elmiger oder entlang einer kurzen Nebenerzählung wie Judith Zander. Die Geräusche der Straße und der nahen Bahnen verwandeln sich in ein gleichmäßiges, beruhigendes Regenrauschen, die Stimme der Lesenden aus der Nachbarjurte und der vorbeiziehenden Menschen in das Gesprächsgemurmel der benachbarten Zeltgruppen. Das Licht über dem Pult der eigenen Vorleserin rührt von einer Taschenlampe oder einer Kerze. Die Zeit scheint stehen zu bleiben. Und dann ist sie plötzlich vorbei, die halbe Stunde des Innehaltens und Lauschens. Freude an Diskussionen ergibt sich kaum, dafür aber der Bedarf, der Autorin für diese schönen Minuten zu danken. Danke den Lesenden und danke der Literatur, die einmal mehr beweist, dass sie an jedem Ort ein ganz eigenes Tempo erleben lassen kann.
„Geschichten in Jurten“ kann man auch am Samstag und Sonntag noch erleben. Nähere Informationen gibt es hier.
Foto: Lisa Heyse
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Helmut Krausser schien recht froh zu sein, dass er aus Zeitgründen „nur“ lesen und anschließend keine Publikumsfragen beantworten muss…
Bei Judith Zander und Dorothee Elmiger gab es tatsächlich nur jeweils eine Frage, die recht zögerlich kam und vor allem Dank bzw. Lob ausdrücken wollte. Die meisten Zuhörer schienen noch in der Erzählung zu hängen und keinen Drang zu verspüren, etwas zu diskutieren. Und für die anderen fehlte vielleicht auch eine fachkundige Moderation, die den Einstieg ins Gespräch erleichtert.