Und was macht man damit? #2 Doreen Maas

Doreen Maas, freie Regisseurin und Lektorin in den Bereichen Hörbuch, Hörspiel, Feature und Audioguide, hat sich als zweite unseren Fragen der Reihe Und was macht man damit? gestellt. Sie verrät uns, weshalb sie ihr Magisterstudium der Allgemein und Vergleichenden Literaturwissenschaft so romantisch fand und wie vielfältig ihr Berufsalltag ist – von der Textarbeit an verschiedensten Genres an ihrem Schreibtisch bis hin zur Regiearbeit im Tonstudio.


Doreen Maas

Was wolltest du als Kind werden?
Wenn ich darüber nachdenke, wollte ich wohl am liebsten ans Theater: ins Schauspiel oder hinter die Kulissen in den kostümbildnerischen Bereich. Das hat mich als Kind fasziniert.

Was genau hast du studiert und warum hast du dich dafür entschieden?
Ich habe Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Philosophie an der FU in Berlin studiert. Ich wollte unbedingt nach Berlin gehen – und ich wollte unbedingt „etwas mit Literatur in unterschiedlichen Sprachen machen“. Hier konnte ich beides verbinden.
Um das Millenium herum war das Ganze noch ein Magisterstudiengang, beide Institute befanden sich in Dahlemer Villen und die Bibliotheksbücher konnte man mitnehmen und im institutseigenen Garten lesen. Alles atmete irgendwie einen anarchistischen Rest der 68er-FU-Diskussionskultur. Bei Feiern haben wir im Seminarraum geraucht – und im Wintergarten der AVL-Bibliothek sowieso. Als Studienanfängerin fand ich das alles herrlich befreiend und auch ein bisschen romantisch.

Wusstest du schon während deines Studiums, in welchen Beruf du möchtest?
Ich glaube, es gab bei mir nie den einen festen Berufswunsch. Es hat sich aber nach und nach herauskristallisiert, dass ich sehr viel für den Rundfunk im Allgemeinen und für das Genre Hörspiel im Besonderen übrig habe.

Wo hast du während des Studiums Berufserfahrungen gesammelt?
Ich habe während des Studiums zwei Praktika gemacht: einmal beim RBB und dann noch bei DeutschlandRadio Kultur – jeweils in der Hörspiel- und Featureabteilung. Ein Urlaubssemester lang (2005 dauerten die Praktika jeweils drei Monate) habe ich dann in beiden Rundfunkanstalten gearbeitet, bei Produktionen hospitiert und den Redaktionsablauf kennengelernt.
Diese Erfahrungen waren toll für mich, beim RBB habe ich danach sogar weiter als freie Mitarbeiterin gejobbt. Doch dann kam mein Magisterabschluss – und in den Hörspielabteilungen gab es keine freien Stellen, auf die ich mich hätte bewerben können. Aus diesem Grund habe ich dann noch mal neu in der Verlagsbranche angefangen, wieder ein unbezahltes Praktikum gemacht und dann ein Volontariat mit anschließender Festanstellung bei Der Audio Verlag erhalten. So bin ich vom Hörspiel zum Hörbuch gekommen.

Wo arbeitest du jetzt und was genau sind deine Aufgaben?
Inzwischen bin ich seit vier Jahren im Audiobereich selbstständig. Ich mache jetzt vor allem Hörbuchbearbeitungen (d.h. ich kürze Romane auf eine Lesefassung für die Hörbuchaufnahmen ein) und Hörbuchregie (d.h. ich begleite die Aufnahmen in einem Tonstudio und unterstütze die SprecherInnen bei korrekter Aussprache, Leseduktus und einer gelungenen Figuren- und Dialogdramaturgie).
Ich habe aber auch schon eine Filmtonspur in ein Hörspiel umgearbeitet, Audioguides für die Staatlichen Museen mit produziert, mehrere Artikel geschrieben, Flyer entworfen und ein Seminar zum Thema Hörbuch gegeben. Die Aufgaben sind also bunt gemischt – und das gefällt mir sehr gut.
Auch im Hörbuchbereich mag ich es am liebsten, wenn ich an immer wechselnden Genres arbeiten darf: vom Kinderhörbuch bis zur Belletristik, zum Krimi und Sachhörbuch oder per Anhalter durch die SciFi-Fantasy-Galaxis – ich könnte gar nicht sagen, in welchem Genre ich am liebsten zuhause bin.

Wie sieht dein Arbeitsplatz aus?
Bei Hörbuchaufnahmen sitze ich am Regiepult in einem der vielen Tonstudios, in das ich vom jeweiligen Hörbuchverlag geschickt werde. Abgesehen davon habe ich zuhause „A Room of One’s Own“, wie Virginia Woolf es nennen würde: ein eigenes Arbeitszimmer, in dem ich mich mit vielen Büchern, Hörbüchern, Fotografien, einer Anlage und der alten Schreibmaschine meiner Oma umgeben kann. Das Kernstück ist natürlich mein Schreibtisch, der direkt vor dem Fenster steht. Das ist für mich wunderbar, ich habe immer gern zuhause gearbeitet, wo ich viel Ruhe habe und mir meine Zeit für die unterschiedlichen Aufgaben selbst einteilen kann.

Wenn du noch mal studieren könntest, würdest du dich für den gleichen Studiengang entscheiden?
Ja, ich würde mich immer wieder für Literaturwissenschaft und Philosophie entscheiden. Worüber ich mir allerdings nicht sicher bin, ist, ob mir das Studieren unter der heutigen Bachelor-/Masterstudienordnung noch einmal so viel Spaß machen würde. No offense! Ich bin nur eine große Anhängerin der Magister-Romantik … (siehe oben :) )

Welches Buch liest du gerade? Kannst du es weiterempfehlen?
Zur Zeit lese ich „Drei auf Reisen“ von David Nicholls. Ein großartiger Roman über ein Ehepaar, das sich kurz vor dem Auszug des Sohnes noch einmal auf Reisen begibt und sich dabei der Frage stellt, ob und wie es noch zusammen gehören möchte. Ich kann eigentlich alle Romane von David Nicholls empfehlen: Sie unterhalten durch besonders intelligenten Witz und sehr treffende, „allzumenschliche“ Beobachtungen. Ich mag seine Figuren sehr!

 

Die Möglichkeiten nach einem geisteswissenschaftlichen Studium sind vielfältig. Erzählt man jedoch, dass man beispielsweise Literatur-, Theater-, oder Kulturwissenschaft studiere, erwartet einen oft der gleiche fragende Blick. Deshalb stellen wir euch in unserer Reihe Und was macht man damit? erfolgreiche Absolventen und Absolventinnen in verschiedensten Positionen vor. Das sind junge Menschen, die in Verlagen arbeiten, als freie Lektoren, Journalisten oder Autoren jeglicher Art tätig sind, neue digitale Möglichkeiten ausprobieren oder die es doch in eine ganz andere Richtung verschlagen hat.

Sophie Gottschall
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