11 Uhr 30 auf der ELECTRIC BOOK FAIR in Berlin-Wedding. Das Haus ist voll, das Networken läuft – die erste Ebook-Messe der Welt ist also in vollem Gange. Und mittendrin Mitorganisatorin Nikola Richter. Erst vor gut einem Jahr gründete sie den Ebook-Verlag mikrotext und ist als Bloggerin, freie Redakteurin und Autorin vor allem in der Welt des digitalen Lesens und Bloggens unterwegs. Auf der Messe steht sie litaffin Rede und Antwort.
litaffin: Was bedeutet die Messe für dich?
Nikola Richter: Naja, für uns ist das wie so ein kleiner Startschuss, weil es gab diese Messe bisher noch nicht. Wir haben uns das sozusagen ausgedacht und wir hoffen – und sehen auch gerade schon – dass es eine gute Resonanz gibt. Also wir schätzen es sind circa 200 Leute hier und glauben, es werden noch ein paar mehr. Auf Twitter ist viel los. Ja, insofern bedeutet uns das viel. Wir sehen, es gibt Interesse für digitales Publizieren und digitales Lesen.
litaffin: Was wird nach der Messe anders sein?
Nikola Richter: Dann überlegen wir uns, wie es weitergeht und ob es eine nächste Messe gibt. Und wahrscheinlich haben sich neue Kontakte gefunden, vielleicht sind neue Ideen entstanden – so wie eigentlich bei jeder Messe.
litaffin: Warum soll man Ebooks lesen? Was ist besser am Ebook, als an der Printausgabe?
Nikola Richter: Wir versuchen ja nicht, das so voneinander abzutrennen. Wir sagen jetzt nicht, das Ebook ist besser als das gedruckte Buch. Wir sagen immer, es ist anders und es hat bestimmte Vorteile. Ein Vorteil ist, dass man seine ganze Bibliothek mit sich herumtragen kann, dass es eine Datei ist, die man verschicken kann, die man auch sehr schnell kaufen kann, die sozusagen weltweit ohne großen Aufwand in den Vertrieb kommen kann. Und man kann sich nicht die Finger schneiden an den Seiten.
litaffin: Hast du eine Erklärung, warum sich dann trotzdem noch so viele Leute dem elektronischen Lesen verweigern?
Nikola Richter: Ich glaube, es ist gar keine Verweigerungshaltung, sondern eher oft ein Unwissen. Deshalb haben wir ja hier auch die Electric Library, wo man sich diese E-Reader ausleihen kann und sich anschauen kann, wie das eigentlich ist, wenn ich ein digitales Buch lese. Viele wissen es einfach noch nicht. Und diese ganze Debatten um schöne oder hässliche Ebooks, das hat auch viel damit zu tun, dass die Leute oft gar nicht wissen, dass Ebooks heutzutage gar nicht immer das tun, was sie schon können. Also der digitale Code ist viel mächtiger als das, was die Geräte auslesen können. Insofern haben wir da noch sehr viel vor uns.
litaffin: Und du? Wieviele Ebooks im Vergleich zu Print-Büchern liest du denn schon?
Nikola Richter: Bei mir hat sich das ganz extrem im letzen Jahr geändert, dass ich mir viel mehr Ebooks gekauft habe und viel mehr Ebooks lese. Ich habe jetzt auch zum ersten Mal Ebooks rezensiert für das Missy Magazine. Da habe ich mir von 10-12 Ebook-Verlagen, Ebooks bestellt. Oft kamen die dann lustigerweise als PDF und nicht als Epub. Insofern habe ich schon relativ viele Ebooks gelesen. Ich würde sagen die Quote ist eher gerade so 80/20.
litaffin: Das heißt, du stimmst zu, dass Formate wie das Taschenbuch nicht mehr lange durchhalten auf dem Markt?
Nikola Richter: Ich war sowieso nie der große Taschenbuch-Käufer. Obwohl…naja. Ich würde das alles gar nicht immer so abgrenzen. Das Taschenbuch hat natürlich auch viele Vorteile, wenn ich wirklich ein Papierbuch lesen will, wenn ich es mit auf die Reise nehmen will. Es ist leichter, es ist billiger. Vielleicht ist das Ebook einfach noch eine Ergänzung. Das schauen wir uns ja heute am frühen Abend auch an, wenn die Digitalverlage zeigen, wie sie anders Literatur vertreiben. Sei es Serien – die können über Ebooks gut vertrieben werden – kürzere Texte, Übersetzungen (wegen der Lizenzen). Das sind alles Sachen, die es im Printmarkt eher schwerer haben.
litaffin: Wie wird in 10 Jahren die Verlagslandschaft aussehen?
Nikola Richter: Oh, das ist ganz schwierig. Das verändert sich ja gerade extrem. Ich habe heute schon mit einem Agenten gesprochen, der mir gesagt hat: Die großen Verlage machen fast nichts. Und wenn sie nicht langsam anfangen, dann gehen sie unter. Das ist zwar sehr pessimistisch, andererseits hat Richard Nash eben in seiner Keynote gesagt, ein Verleger verliert nie seinen Job, aber der Feuerwehrmann eventuell schon. Weil, wenn man um das Verlegen herum viele Services baut, ist das ein Zukunfts-Job. Ich glaube, da kann man in alle Richtungen denken. Ich selber kann das kaum sagen. Ich hoffe natürlich, dass alle Digitalverlage, die es jetzt gibt, noch bestehen und dass wir davon leben können. Das wäre natürlich toll.
Wir bedanken uns bei Nikola für das Interview und wünschen eine erfolgreiche Messe!
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