Die TV-Moderatorin Sarah Kuttner sprach Donnerstag Abend im Roten Salon mit drei Autoren des Kein & Aber Verlags: Michael Ebmeyer, Robert Seethaler und Markus Feldenkirchen
Im Roten Salon an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ist wirklich alles rot: Wände, Sessel, Decke, Vorhänge und das Licht. Es ist warm, eigentlich stickig. Berlin-Mitte trifft sich.
Der Kein & Aber Verlag lud Donnerstag Abend zur Author’s Bar um drei viel versprechende Titel ihres Herbstprogramms vorzustellen. Michael Ebmeyer und Robert Seethaler hatten sich in der Vergangenheit bereits beweisen können, der Spiegel-Autor Markus Feldenkirchen debütierte mit dem Roman Was zusammen gehört.
Sarah Kuttner moderierte den Abend und das ist bekanntlich, was sie auch am besten kann. Bereits bevor die Anfrage kam, ob sie durch den Autorenabend leiten möchte, habe sie zwei der drei Bücher gelesen und sei daher voreingenommen begeistert von allen drei Titeln: „Ich mache das hier aus Liebe, also wirklich aus reinem Herzen und eben nicht nur dem schnöden Mammon wegen.“
Man war nett zueinander, es gab keine kritischen Fragen, man schätzte sich, duzte sich. Kuttner rief die Herren nacheinander per Vornamen zum Vorlesen auf. Jeder las – alle konnten das – ungefähr eine halbe Stunde, dann gab es ein paar Fragen von der Moderatorin. Das Publikum hatte so gut wie keine.
Drei Bücher für einen Abend – erstaunlicher Weise war das nicht zu viel. Es wirkte eher… effektiv. Bei den vorgestellten Texten handelt es sich nicht um große Romane, aber auch eben nicht um klitzekleine. Ebmeyer hatte schon früh mit den Erzählungen Henry Silber geht zu Ende beeindruckt und auch Landungen scheint kunstvoll komponiert. Kuttner lobte, dass der Autor für jede der drei Generationen, die nacheinander vorgestellt werden, eine eigene Sprache gefunden hat. Die Handlung beginnt 1869 mit Friederike Soltau, die in Bremerhaven ein Schiff besteigt, um nach Argentinien auswandern, wo sie hofft, nicht mehr von ihrem Schatten verfolgt zu werden und ihre Familie, dass Friederike weniger sonderbar wird. Hundert Jahre später besucht Udo den alten Familienbesitz und muss sich mit der Vergangenheit auseinander setzten. Und im dritten Teil, in dem Udos Sohn nach Argentinien reist, gibt es dann nach Kuttner eine „gute, richtig hote“ Sexszene.
Seethalers Roman Jetzt wirds ernst schildert das Erwachsenwerden eines Provinzlers, der gerne Schauspieler wäre: Eindimensional erzählt, aber durchaus komisch.
Jetzt wirds ernst und der Roman Was zusammen gehört von Feldenkirchen haben gemeinsam, dass in beiden Büchern das seltene Wort „Fleischkonservenfabrik“ auftaucht, wusste Kuttner. Zusammen gehören, im Sinne des Titels, Victoria und Benjamin. Die beiden hatten als Jugendliche eine Affäre und schreiben sich nun als einsame Erwachsene Briefe. Das weckt in Benjamin neuen Lebensgeist, denn bisher war sein größtes Problem, dass sein Chef ihn nicht auf dem Handy erreichen konnte, wenn er in der Tiefgarage war.
Das Beste an dem Abend war, dass trotz der prominenten „Musikfernsehtante“, so Kuttner selbst, auf der kleinen Bühne eindeutig nicht die Personen, sondern ihre Bücher im Vordergrund standen.
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„Man war nett zueinander, es gab keine kritischen Fragen, man schätzte sich, duzte sich.“ Ich selbst war nicht auf der Lesung, habe aber den Eindruck, als habest du mehr Pfeffer, Kontroverse und vielleicht ja doch mal nen etwas flotteren Spruch von der Kuttner vermisst. Ist doch schön, dass Literatur auch einfach mal nur was „nettes“ sein kann, und „große Romane“ (was genau das ist und wer das bestimmt, mal außer Acht gelassen) müssen es auch nicht immer sein. Eine begeisterte Moderatorin, drei vorlese-begabte Autoren und im Vordergrund drei gute Bücher, das sollte doch eigentlich reichen für eine gelungene Lesung – oder ist nett heute einfach langweilig?
Ich würde ja auch sagen, dass es nicht immer „große Romane“ sein müssen, allerdings finde ich es eher schlimm, wenn Literatur einfach nur nett ist. Sicherlich muss nicht auf jeder Lesung der Autor um sein Werk streiten, aber einige Fragen, die ihn kurz stutzig machen oder herausfordern sind doch für beide Seiten toll. Man muss sich schließlich in der Flut an Neuerscheiungen und Debüts irgendwie absetzen können und das geschieht mit „nett“ eben nicht so schnell..
oh, ich wollte damit ausdrücken, dass sich die Leute auf der Bühne kannten und familiär wirkten, was den Zuschauer erstaunte bzw. ist es doch bemerkenswert, dass man sich auf so einer offiziellen Veranstaltung mit Vornamen anspricht. Deswegen bemerkte ich es im Text. Ich hätte mir Kontroversen und Kritik gewünscht, aber das sollte nicht gleich Streit sein. Nett ist nicht zwangsläufig langweilig und das war der Abend auch nicht. Ich werde mich nicht in zwei Jahren noch an ihn erinnern, aber das muss ja auch nicht…
Mal abgesehen von dieser Veranstaltung finde ich allerdings tatsächlich, dass ein gutes Buch und ein anwesender Autor zu wenig für eine literarische Veranstaltung sind. Ich wünsche mir kreative Ideen. Der Rote Salon ist da sicher ein gelungener Anfang.
M. E. ist es fraglich, ob man mit einer Moderatorin wie Kuttner eine kontroverse Diskussion überhaupt anstrebt oder erreichen kann. Sie ist nun mal eine quirlige Entertainerin und keine Intellektuelle, die Kontroversen nicht nur der Quote wegen anstrebt. Ich denke ihr letzter Titel „Mängelexemplar“ beweist das auch ganz gut. Ich glaube auch, dass das Duzen weniger mit der familiären Atmosphäre der Veranstaltung zu tun hatte, eher mit Kuttners Viva-typische Art zu moderieren.
Dem guten Artikel hier nach zu urteilen, hätten die drei Bücher sicher Potential für eine Diskussion gehabt. Aber das hängt ja auch vom Publikum ab. Da wäre es interessant zu wissen, wie der Altersschnitt bei dem Abend war.
Altersdurchschnitt des Abends? Mhm… weder Rentner, noch Studenten… so zwischen 30 und 40, schätze ich mal..
Hätte noch in den Text gemusst. Merk ich mir fürs nächste Mal.
Wobei kontroverse Lesungen doch das beste sind, was einem Autor passieren kann. Eine schönere Werbung gibt es nicht.