From Panels With Love #24: Die dicke Prinzessin Petronia

Wenn das Leben dir Zitronen gibt, bist du nach wie vor eine übellaunige Prinzessin, liebe Petronia.

Aber was will man auch machen, wenn der kleine Prinz dein schleimiger Vorzeigecousin ist, du von deinen Eltern nur einen winzigen Planeten gestellt bekommst und sie dir als Haustier einen Multifkuntionswurm schenken. Und dann ist da noch die Sache mit der Thronfolge: Outgesourced von den eigenen Eltern.

Katharina Greve: Die Dicke Prinzessin Petronia. avant-verlag 2019 © Leonie Hohmann

Jede*r kennt die Weisheiten von Saint-Exupérys kleinem Prinzen, der nur mit dem Herzen gut sieht. Und ich hoffe, ich bin nicht die Einzige, die sich im Stillen gedacht hat, dass dieses übermäßig gerühmte Zitat inzwischen nur noch als Wandtattoo für die Wohnzimmer von ganz bestimmten Leuten taugt. Mir hat es schon lange niemand mehr in eine Grußkarte geschrieben, aber ich bin mir ziemlich sicher: Würde ich das Poesiealbum aus der fünten Klasse aufschlagen, ich würde fündig werden. Nicht weiter wichtig, wer da jetzt von der Aphorismus-Polizei eine Rüge bekommt. Es gibt inzwischen einen charmanten – nein eigentlich einen gänzlich uncharmanten Gegenentwurf – der den kleinen Prinzen im Bücherregal noch etwas weiter nach hinten rücken lässt. Ich kann nur sagen: Platz da für…

…Prinzessin Petronia

Eine Monarchin wird nicht gewählt, höchstens von sich selbst. © Greve: Petronia 2019.

Prinzessin Petronia ist die Tochter von Königin Petrolia I. und König Dirk und damit die Nummer eins in der Thronfolge. Rosige Aussichten, könnte man meinen. Aber der kleine Prinz, Petronias Cousin und eigentlich nur auf Thronfolgeposition vier, hat seit Jahren die soziale Pole Position inne. Dieser kleine Träumer läuft der naturwissenschaftlich interessierten und rationalen Prinzessin andauernd den Rang ab und zu allem Überfluss ist ihr Planet sogar noch kleiner als der ohnehin schon winzige Asteroid des Prinzen. Kein Wunder, dass Petronia übellaunig und gelangweilt ist und lieber ihre eigenen unschleimigen Weisheiten entwickelt:

Merke: Blut ist dicker als Wasser – aber Wasser ist dafür nasser.

Ein Antimärchen

Saint-Exupérys Der kleine Prinz (1943) gilt als modernes Kunstmärchen. Somit ist Die dicke Prinzessin Petronia ein modernes Kunst-Anti-Märchen, oder? Im Grunde spielen beide Texte mit der geschlechternonkonformen Konnotation ihrer Protagonist*innen. Während dem kleinen Prinzen seine als weiblich konnotierten Charaktereigenschaften seit jeher verziehen werden, ist es für Petronia schwieriger. Sie hat Recht, wenn sie sagt:

Wenn ich eine Junge wäre… © Greve: Petronia 2019.
So richtig auf die Palme bringt man Petronia mit Rüschenkleidern. © Greve: Petronia 2019.

Ja, Petronia ist eine als unsympathisch angelegte Figur. Aber eine, die auf Anhieb sympathisch und wunderbar unangepasst ist. Diesen Anstrich verleiht ihr ihre Schöpferin Katharina Greve, die in Petronia die Hassliebe zum kleinen Prinzen kanalisierte. Der daraus resultierende Gegenentwurf ist zeichnerisch eine Adaption und zeitgleich eine Persiflage des Originals, die in Kombination mit einem großen Sprachwitz und vielen (vor allem) naturwissenschaftlichen Anspielungen zum hämischen Schmunzeln einladen.

Fazit

Liebe Petronia, ich weiß: In einer Monarchie wird nicht gewählt, aber meine Stimme hast du. Denn du hast unbedingt recht: Man sieht nur mit der Lupe gut!

 

*Katharina Greve (Jahrgang 1972) ist Comiczeichnerin, Cartoonistin und Künstlerin. Aus der Hamburgerin und Ex-Architektin ist inzwischen eine Wahlberlinerin geworden. Die dicke Prinzessin Petronia erscheint seit 2015 als Serie in Das Magazin.

Katharina Greve: Die dicke Prinzessin Petronia. avant-verlag 2019.

 

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