From Panels With Love #1: Illustrierte Machwerke

Der Jaja Verlag ist einer der kleineren unabhängigen Verlage, die dafür sorgen, dem Nachwuchs literarischer Comics eine Plattform zu geben. Mit seinem Sitz in Berlin-Neukölln publiziert der Verlag seit 2011 laut der Verlegerin Annette Köhn „fein illustrierte Machwerke“ jener junger, unbekannter Illustrator*innen, die „zu mehr Ruhm und Anerkennung kommen sollen.“ Das Verlagsprogramm bietet ein ausgezeichnetes Potpourri aus Comics und Graphic Novels, illustrierter Belletristik, Kinderbücher, Koch- und Sachbücher und alljährlich schön gestalteter Kalender.

Mittlerweile gehört der Jaja Verlag zu den etablierten Namen der Szene, der neben Nachwuchskünstler*innen auch populäre Künstler*innen veröffentlicht, wie Klaus Cornfield oder Felix Scheinberger, dessen Graphic Novel Hedo Berlin im kommenden Herbst erscheinen wird. Das jüngste Machwerk wurde von Federico Cacciapaglia alias art&café, einem jungen italienisch-berlinerischen Comiczeichner, konzeptualisiert und illustriert. Gemeinsam mit der zweiten Hälfte von art&café, Arturo Martinini,  hat er einen Schwarz-Weiß-Comicband namens Die Growls geschaffen, der als Ökothriller angekündigt wird. Tatsächlich bewegt sich das Künstlerduo auf 110 Seiten zwischen Katastrophen-Thriller, Apokalypse-Fantasie und bitterböser Gesellschaftssatire.

Die Growls
„Die Growls“ von art&café

Ach du „heiliger Greenpeace!“

Es beginnt ganz harmlos, als drei Eskimos auf einer tropischen Insel je einen Samen in den Sand pflanzen und sich auf und davon machen. Wenig später entspringen aus den herangewachsenen Pflanzen drei kleine Wesen, die dazu berufen sind, die Welt zu retten – sie selbst wissen es nur nicht. Die drei haben auch keine Ahnung, wie sie heißen, weshalb sie dem andauerndem Geräusch ihrer knurrenden Mägen nachgehen und sich „GROWLS“ nennen. Und schon starten die Abenteuer der Growls, die damit beginnen, den Kühlschrank am Strand mit Essen zu füllen.  Der Hunger treibt sie in den Supermarkt. Auf dem Weg dorthin werden sie jedoch vom Bio-Mann eines besseren belehrt: Bio-Essen ist nicht nur gesund, sondern es verleiht ihnen auch Superkräfte! Mit diesen können sie gegen die bösen consumX kämpfen, die mithilfe ungesunder Snacks und eines („Glücks“)-Rads bestimmen, welche bedrohten Tiere oder Völker als nächstes ausgerottet werden sollen. Im Kampf gegen die snackfressenden Monster erhalten die Growls Unterstützung von einem hippiesken, aber sensationsgeilen Fotografen und seinem veganen Begleiter, mit denen sie gemeinsam versuchen, die Welt zu retten.

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aus „Die Growls“ von art&café

Federico Cacciapaglia legt mit seinem Comicdebüt eine geistreiche Persiflage auf unsere heutige Gesellschaft vor und nimmt Konsum-Wahnsinn wie alternative Lebensweise gleichermaßen auf die Schippe. Mit einem klaren wie reduzierten Stil zeichnet er präzise ein anspruchsvolles wie unterhaltsames Werk. Die Dialoge sind pointiert, die Handlung turbulent und urkomisch, die Zeichnungen cartoonhaft, schräg und sehr lebendig. Ein großer Spaß für moralisch Überlegene und Umweltfreunde. Was bleibt, ist ein offenes Ende und die Hoffnung auf eine Fortsetzung.

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„Penner“ von Christoph Burgholz

Ein weiteres Machwerk des Jaja Verlags ist Christopher BurgholzPenner, welches bereits 2014 erschien und mit dem Gramic Graphic Novel Award ausgezeichnet wurde. Mit der in Penner erzählten Geschichte des obdachlosen Walters nahm der junge Künstler an dem im Wettbewerb vorgegebenen Thema Toleranz teil. Dieses Jahr wurde die Graphic Novel des 28-jährigen Absolventen des Studiengangs Illustration an der Fachhochschule Münster für den Max-und-Moritz-Preis nominiert, welcher aller zwei Jahre die besten Comics auszeichnet.

Einfühlsam und in wenig Worten beschreibt Burgholz in Penner den Alltag eines Obdachlosen und die Herausforderungen, welche ein Leben auf der Straße mit sich bringen. Für Walter ist dessen Schicksal nüchtern nur schwer zu ertragen, weshalb er es sich zur Tagesaufgabe gemacht hat, Leergut aus Mülleimern zu fischen, um seine Kasse aufzubessern. Sein Tagesziel ist erfüllt, wenn er am Ende mit dem verdientem Kleingeld eine Flasche Schnaps kaufen kann, um seinen Kummer und seine aufkommenden Bauchschmerzen zu betäuben. Während seiner Suche nach dem nächsten Schlafplatz begegnet Walter zahlreichen Leidensgenossen und immer wieder Menschen, die ihm helfen möchten. Mit Penner hat Christopher Burgholz eine sensible wie eindrucksvolle Arbeit vorgelegt, die in dokumentarischen Bildern unaufgeregt aber eindringlich positive wie negative  Reaktionen der Gesellschaft auf Heimatlose demonstriert. Die Wahl von Rosa- und Brauntönen lässt die Bilder zugleich warmherzig und schmutzig wirken. Die Geschichte Walters, das Aufzeigen seiner Gefühle und seines zusehends körperlichen Zerfalls, soll den Leser an die Schicksale jedes Einzelnen erinnern, an dem er tagtäglich gedankenlos vorbeigeht.

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aus „Penner“ von Christopher Burgholz
Luisa Kaiser

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