Buchcover Monika Zeiner "Die Ordnung der Sterne über Como"

Erinnerungen an eine Ménage-à-trois – Monika Zeiners „Die Ordnung der Sterne über Como“

Am 6. März 2013 erschien mit Monika Zeiners Roman „Die Ordnung der Sterne über Como“ der Blumenbarspitzentitel für das erste Programm des neuen Aufbau-Imprints. Dies wurde am Samstag mit der Blumenbar-Release-Party in der Kantine Berghain gebührlich gefeiert. Mit Musik, einem Live-Zeichner und natürlich einer Lesung.

Buchcover Monika Zeiner "Die Ordnung der Sterne über Como"
© Blumenbar/Aufbau Verlag

Am 9. März 2013 ist es in der Kantine Berghain es schummrig, warm und voller Menschen. Der Grund: Die Release-Party des ersten Programms des Blumenbar Verlages unter dem Aufbau-Dach. Es scheint vielversprechend. Bereits tags zuvor hat Monika Zeiners Spitzentitel, der hier präsentiert werden soll, den Debütantenpreis der lit.COLOGNE, den sogenannten Silberschweinpreis gewonnen. Umso gespannter warten die Zuschauer nun auf die Lesung der Autorin. Zumal heute nicht nur gelesen wird. Parallel zum Vortrag der Autorin gießt Zeichner Roland das Gehörte in Bilder. Ein Live-Musiker sorgt am Laptop für die akustische Untermalung.

Eine spannende Alternative zur Wasserglaslesung! Das haben sich wohl viele gedacht. Beinahe zu viele. Eng ist es in der Kantine Berghain. Einige Glückliche haben einen Sitzplatz auf einem Klappstuhl ergattert. Mindestens ebenso viele scharen sich hinter den Stuhlreihen, neben der kleinen Bühne und entlang der Bar. Das Licht ist gedämpft. Helle Lichttupfer der Diskokugel flackern über die Menge und wollen nicht so recht zum dumpfen Wummern der Musik passen.

Monika Zeiner liest auf der Blumenbar-Release-Party
Monika Zeiner liest auf der Blumenbar-Release-Party ©Blumenbar/Aufbau Verlag/Reno Engel

In diesem Moment hätte ich nichts dagegen, die Klänge gegen experimentell geloopte Sounds von Toms und Marcs Studentenband zu tauschen und dazu Betty Morgenthals Stimme zu hören. So wie sie Monika Zeiner in ihrem Debüt beschreibt. Ich wäre gern dabei, wenn sich die drei in die Musik hineinsteigern, sich in ihr vertiefen, ja vergraben bis die Nacht zu Ende geht.

Denn diese Nächte sind ihre glücklichsten gewesen. Wie überhaupt die 90er Jahre und mit ihnen die Zeit, in der Tom, Marc und Betty zusammen in der renovierungsbedürftigen Wohnung in der Knaackstraße im Prenzlauer Berg wohnten, gemeinsam Musik machten und laute, aber vor allem stille Momente miteinander teilten.

Marc war ein junger Komponist mit Hang zum Philosophischen und Toms bester Freund. Tom, den Pianisten, hingegen umgab stets etwas Melancholisches. Vor Marc hatte er noch nie einen Freund und erst mit ihm hat er zum ersten Mal den Eindruck, „in den weiten Joggingklamotten seiner eigentlichen Seele unterwegs sein zu dürfen“. Mit Betty Morgenthal, deren bernsteinfarbene Augen sich tief in Toms Gedächtnis eingebrannt haben, ist das Trio komplett.

Immer wieder drängen Toms Gedanken im Laufe des Romans zurück in diese Zeit. Er erinnert sich an die Nächte mit Marc am Meer, ihre Jazzauftritte zu Kaufhauseröffnungen, seine Affäre mit der einsamen Unternehmergattin Anne Herrmanns und an den schlanken Schatten von Bettys Körper in der Duschkabine, die mitten in ihrer gemeinsamen Küche steht.

Doch mehr als zehn Jahre später ist von ihrer Freundschaft nichts übrig. Tom, mittlerweile mäßig erfolgreicher Jazzpianist, ist gerade von seiner Frau verlassen worden. Damit steht sein Leben vor dem Aus. Und ein Glas mit aufgelösten Tabletten bereits auf seinem Flügel – als sein Telefon klingelt und Betty Morgenthals Stimme aus dem Anrufbeantworter ertönt. Sie möchte ihn auf der kommenden Italien-Tour seiner Jazzband wiedersehen…

Live-Zeichner Roland auf der Blumenbar-Release-Party
Live-Zeichner Roland auf der Blumenbar-Release-Party ©Blumenbar/Aufbau Verlag/Reno Engel

Als Monika Zeiner die Bühne betritt, erstirbt das Stimmengemurmel in der Kantine Berghain. Der Live-Zeichner Roland nimmt ein leeres Blatt Papier zur Hand zückt den Stift. Was die Autorin nun liest, sind die Zeilen, die ihr tags zuvor den Debütantenpreis der lit-COLOGNE eingebracht haben. In ihrem Textauszug begegnen wir der weiblichen Protagonistin Betty. Wir hören von ihrem Arbeitstag in einem Neapolitaner Krankenhaus, nachdem sie auf Toms Anrufbeantworter ihre Nachricht hinterlassen hat. Mit voller Stimme und gemächlichem Rhythmus liest Monika Zeiner die Szene – Live-Zeichner Roland hält die Eindrücke mit zielstrebigen Linien fest: Betty, nun trotz früherer musikalischer Ambitionen Ärztin geworden, informiert eine Familie über den kritischen Gesundheitszustand der Mutter. Sie begleitet die Angehörigen ans Bett der Todkranken. Sie sagt, was sie in solchen Situationen immer sagt. Und ist doch in Gedanken bei den Fixpunkten ihrer eigenen Vergangenheit: bei der Nacht mit Tom am Comer See, die für die drei damals alles veränderte, und an Marcs Grab.

 

Monika Zeiners Debüt ist ein Roman über Freundschaft und Liebe. Mit eindrücklicher Erzählstimme zeichnet sie die feinen Konturen ihrer Charaktere nach, sodass sie in all ihrer Klarheit und Komplexität hervortreten. Die Autorin setzt mit wortgewandter Sprache Bettys und Toms Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit zusammen. Manchmal laut, meistens jedoch leise, aber immer mit einem Hauch Musik. Da Monika Zeiner selbst Sängerin der Italo-Swing-Band mirafon ist, verwundert dies nicht. Irgendwo zwischen Jazz, Schlager und Klassik oszilliert der Soundtrack dieses Romans.

Und fragt man Protagonist Tom Holler, was wichtig im Leben ist, gibt es nur eine Antwort und die steht für den Grundton dieses wunderbaren Debüts:

„Liebe, Musik, Freundschaft.“

 

Monika Zeiner
Die Ordnung der Sterne über Como
Blumenbar | 2013

Mehr zum Buch und Monika Zeiner:
„Die Ordnung der Sterne über Como“ auf der Aufbau-Website mit Trailer zum Buch
Interview mit Monika Zeiner auf der lit-COLOGNE
Artikel über den Silberschweinpreis der lit-COLOGNE 2013 des Kölner Stadt-Anzeigers

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen