Anm. d. Red. [06.03.2018]: Der Autor des folgenden Beitrags, Johannes Schüller, schrieb in den Jahren 2010 und 2011 für Litaffin. Mittlerweile bewegt er sich in rechtspopulistischen Kreisen und gilt als Mitbegründer der Identitären Bewegung in Deutschland. Wir, die Litaffin-Redaktion, wollen uns hiermit ausdrücklich von Johannes Schüller und jeglichem rechten Gedankengut distanzieren.
Während die Leipziger Buchmesse diese Woche ruhig anläuft, scheint ihr südamerikanisches Pedant, die 37. „Feria Internacional del Libro de Buenos Aires“, mit einem handfesten Literaturskandal zu beginnen. Inzwischen hat sich auch Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner eingeschaltet. Denn niemand geringeres als der Literaturnobelpreisträger von 2010, der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa, provoziert den Unmut argentinischer Intellektueller. Doch die weltweit größte spanischsprachige Buchmesse bietet vom 20. April bis zum 9. Mai 2011 glücklicherweise auch unpolitischere Themen. Die Besucher erhalten ab Ende April einen Einblick in die lebendige Literaturszene Argentiniens und dürften auch dem einen oder anderen deutschen Stand begegnen.
Doch zurück zum „autoritären Messianisten“ Llosa, wie der Leiter der argentinischen Nationalbibliothek, Horacio González den Nobelpreisträger jüngst nannte. Die „Fundación El Libro“ hatte Llosa um die Eröffnungsrede zur Buchmesse gebeten, was dieser dankend annahm. González initiierte daraufhin einen Aufruf an den Präsidenten der „Fundación El Libro“, Gustavo Canevaro, in welchem er den Peruaner wegen dessen politisch neoliberalen Einstellung angriff und die Rücknahme der Einladung forderte. Zahlreiche argentinische Schriftsteller und Intellektuelle unterzeichneten den Brief, darunter auch regierungsnahe Autoren. González schob als Grund auch vor, dass bisher stets nur bedeutende argentinische Schriftsteller die Buchmesse eröffnet hätten.
Anlass für González’ Spitzen gegen Llosa ist aber auch dessen scharfe Kritik an Venezuelas linkspopulistischer Regierung und vor allem an Kirchner. Die argentinische Präsidentin gehört den „Neoperonisten“ an, die zwar gute Kontakte zur internationalen Christdemokratie pflegt, sich aber sehr schwer in das europäische Links-Rechts-Schema einordnen lässt.
Llosa kommentierte die Regierung u. a. so: „Wie ist es möglich, dass ein Ehepaar wie die Kirchners Argentinien regiert? Was für ein politischer und intellektueller Abstieg! Die Argentinier haben sich im letzten halben Jahrhundert für die schlechtesten politischen Optionen entschieden […]. Die Argentinier wollten offenbar arm sein, wollten unter Diktaturen leben. Das Volk ist mitverantwortlich für das Geschehene.“
Andere Intellektuelle sehen in diesen Sätzen keinen Anlass für eine Ausladung. Für den argentinischen Schriftsteller, Essayisten und Diplomaten Abel Posse ist die Debatte vielmehr „ein Beweis der Engherzigkeit, die unsere Kultur nicht verdient.“ Dem schloss sich nun Kirchner Ende Februar an, indem sie González und regierungsnahe Schriftsteller aufforderte, zugunsten des Rechts auf Meinungsfreiheit den offenen Brief zurückzuziehen. González kam dem auch umgehend nach. Für weiteren Zündstoff dürfte Llosa trotzdem sorgen. Denn der Provokateur versprach nun aufgrund der Debatte um seine Person während seiner Eröffnungsrede am 20. April vor allem zu politischen Themen zu sprechen. Die regierungsnahe Organisation Camposa kündigte bereits Proteste in Buenos Aires an.
Mindestens einen Haken hat die Debatte jedoch: In den spanischsprachigen Medien geht das vielfältige Programm der 37. „Feria Internacional del Libro de Buenos Aires“ fast vollständig unter. Die seit 1975 bestehende Messe thematisiert dieses Jahr neben der Literatur aus Argentiniens Provinzen auch mündliche Erzähltechniken. Außerdem findet vom 29. April bis zum 3. Mai das „Festival Internacional de Poesía“ statt. Neben Laien werden auch bekannte Lyriker aus Argentinien und dem internationalen Ausland auftreten. Zudem haben sich die spanischen Autoren Rosa Montero, Antonio Muñoz Molina und Juan José Millás sowie der sambische Autor Wilbur Smith, aber auch der uruguayische Bildhauer Carlos Páez Vilaró und der französische Soziologe Francois Dubet angekündigt.
Neben Suhrkamp, Kiepenheuer & Witsch und Random House haben sich auch kleinere deutschere Aussteller für den deutschen Gemeinschaftsstand angekündigt, darunter der Peter Hammer Verlag und das vom Goethe-Institut geförderte Literaturportal litrix.de. Insgesamt 520 Titel von 120 Verlagen sollen vorgestellt werden, darunter die Longlist des Deutschen Buchpreises 2010. Damit dürfte sich der Messe-Slogan 2011 auch unabhängig von Llosas Eröffnungsrede bewahrheiten. Denn Buenos Aires verspricht, „Una ciudad abierta al mundo de los libros”, „Eine offene Stadt für die Welt der Bücher“ zu sein.
Foto: flickr.com/ gollmar
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