Autor Finn-Ole Heinrich und Musiker Spaceman Spiff machen gemeinsame Sache. Und was für eine! Unter dem Motto „Du drehst den Kopf, ich dreh den Kopf“ sind sie auf Deutschlandtournee.
Auf einer leeren Tanzfläche hat Finn den Weltraummann kennengelernt und sich „sofort verliebt“, wie er sagt. Es war auf irgendeiner Party, niemand hat getanzt, nur die beiden, studenlang und ausdauernd. Der damals übergesprungene Funke ist der Grund, warum die zwei jetzt hier sind, im Studio der Schaubühne, zwischen Sofas, Beamer und Bier. Zwei Geschichtenerzähler stehen auf der Bühne, der eine mit Buch, der andere mit Gitarre.
Finn-Ole Heinrich ist Filmemacher und Autor, zuhause im sympathischen Hamburger mairisch Verlag; letztes Jahr erschien sein zweiter Erzählband, eben war er Stipendiat im LCB. Spaceman Spiff heißt eigentlich Hannes Wittmer. Er macht Lieder mit verdammt guten Texten; seine CDs bringt er selbst zur Post und malt für den Empfänger noch ein Tierchen dazu. Zusammen sind sie gerade auf deutschen Bühnen unterwegs und geben – ja was eigentlich? „Leszerte“ trifft es vielleicht am besten. „Komm, nimm deine Tanzschuhe mit, wir verschwinden in Musik“, eröffnet Hannes mit einigen Akkorden die Nacht. Gerne doch.
Finns Geschichten erzählen von Verlusten. Sie sind in kleinen alltäglichen Bildern erzählt und dennoch beunruhigend, schmerzhaft, verstörend. Etwa die Geschichte von Susan, die durch einen Unfall ein Bein verloren hat, die auf dem Schreibtischstuhl durch die Wohnung rollt und trotzig-fröhliche Stimmung verbreitet. „Seltsam, ich vermisse gar nichts“, sagt sie. „Ich aber“, denkt ihr Freund und schweigt. Er hat Angst, ihr weh zu tun, Angst, sich vor ihr und ihrem Beinstumpf zu ekeln, Angst, im Bett keinen mehr hoch zu bekommen.
Finn hat eine markante Stimme, die Gefühle spiegeln kann, in ganz kleinen Nuancen, er hat Rhythmus in den Händen, während er liest. Hannes nimmt währenddessen Geräusche auf, mit einem technischen Gerät, er zupft auf seiner Gitarre, pustet in eine Flasche, blättert in einem Buch. Der Klang wächst und wächst in mehr und mehr Loops; erst ruhig herzklopfend, schließlich dröhnend und vibrierend. Ein dichtes Gewebe aus Text und Ton, das vollkommen mitnimmt, und das schließlich in Kurzfilmen mündet, Filmaufnahmen aus Island.
Keine Jazzimprovisation zu rezitierten Gedichten kommt an die Atmosphäre heran, die im Studio herrscht, keine Wasserglaslesung mit Harfenspiel ist dem gewachsen. Vielleicht ist das ganze Publikum ein wenig verliebt in die beiden, die so offensichtlich eine künstlerische Symbiose eingegangen sind, wie sie nur ganz selten existiert.
Noch bis zum 16.12. sind Finn-Ole Heinrich und Spaceman Spiff unterwegs, unter anderem in Freiburg, Frankfurt, Erfurt, Dresden, München und Würzburg.
Foto: Dylan E. Thompson
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