In seinem Debüt Das Evangelium der Aale widmet sich Patrik Svensson auf seine ganz eigene Weise den bei der Allgemeinheit eher Abscheu verursachenden Wasserlebewesen.
von Carolin Nowratzky
Svensson wuchs in der Nähe der schwedischen Aalküste auf, ging mit seinem Vater regelmäßig angeln und hat dadurch eine ganz eigene Verbundenheit mit ihm aufgebaut. In abwechselnden Kapiteln lässt Svensson die Lesenden an dieser sehr persönlichen Geschichte teilhaben. Auf der Suche nach der Antwort auf die Aalfrage, begibt sich Svensson auch auf die Suche nach der eigenen Herkunft und dem eigenen Sinn, denn „wer den Ursprung von etwas sucht, sucht zugleich auch seinen eigenen Ursprung“.
Ein genügsames Tier
In den anderen Kapiteln widmet er sich dem naturwissenschaftlichen Mysterium „Aal“. Svensson fasst verständlich und erzählerisch den Diskurs über die Aalfrage zusammen, der Aristoteles und Sigmund Freud, den amerikanischen Gründungsmythos sowie Günter Grass und Rachel Carson zusammenbringt.
Gleich zu Beginn macht Svensson seiner Leser*innen deutlich, dass der Aal anders ist als andere Lebewesen und „so verbreitet und gewöhnlich er in unseren Gewässern wie auf unseren Esstischen auch immer gewesen sein mag, ist er uns in gewisser Weise doch fremd geblieben.“ Die Leser*innen erhält u.a. Einblick in den komplexen Lebenszyklus des Aals: seine Bedeutung in verschiedenen Regionen der Welt, der Problematik der Überfischung sowie die Auswirkungen von Klimawandel und des momentan sechsten Massenaussterbens auf der Erde. Des Weiteren setzt sich Svensson mit den Vorurteilen gegenüber Aalen auseinander, wird dieser schließlich oft als unheilbringendes, schleimiges Etwas dargestellt. Er führt auch an, dass der Aal an sich ein sehr genügsames, man könnte fast sagen, in sich gekehrtes Tier ist. Er möchte mit den Vorurteilen aufräumen und zeigen, dass der Aal nicht umsonst bis heute der heilige Gral der Naturwissenschaft ist.
Schöne Vater-Sohn-Geschichte
Patrik Svensson gibt einen verständlichen Einblick in dieses sehr komplexe Thema, öffnet die Augen für das faszinierende Tier Aal. Er erzählt eine schöne Vater-Sohn-Geschichte und schafft es am Ende, immerhin für sich, die Aalfrage zu beantworten.
Dieses literarische und auch philosophische Sachbuch über Aale ist nicht nur eine Lektüre für ambitionierte Sachbuchleser*innen, sondern auch ein sehr guter Einstieg für Natur- und Tierinteressierte. Menschen, die die naturwissenschaftlichen Hintergründe in Romanen über Insekten und Tsunamis etc. besonders spannend fanden, werden in Patrik Svenssons Debüt eine neuartige und sicherlich spannende Lektüre finden.
Patrik Svenssons: Das Evangelium der Aale; Hanser Verlag.
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