Seit gut einem halben Jahr gibt es „Das besondere Buch“ nun schon: Eine Buchhandlung, die sich eher als Showroom versteht und ausschließlich Bücher unabhängiger Verlage präsentiert. Im September 2012 öffnete der Dittrich Verlag einen Teil seiner Büroräume und lädt seitdem auf ca. 30 qm nicht nur zum Stöbern, sondern auch zu Lesungen und Veranstaltungen rund um „das besondere Buch“ ein. Wir haben den kleinen Laden in der Göhrener Straße 2 und Geschäftsführer Gerrit Schooff einmal besucht. Ein Gespräch bei Kaffee und Kuchen.
L: Wie kamt Ihr darauf, eine Art Showroom der Independent-Verlage zu eröffnen?
GS: Die Idee dazu entstand vor gut zwei Jahren, als wir beim Weihnachtsmarkt am Schloss Charlottenburg mit anderen Kollegen einen Verlagsstand betreuten. Wir waren allesamt überrascht, wie aufgeschlossen und neugierig das Publikum war und wie wir mit unseren Büchern begeistern konnten. Die häufigste Rückmeldung: „Ihr habt aber tolle Bücher! Die hab ich im Laden ja noch nie gesehen.“ Daraus folgte unsere Erkenntnis: Wir müssen etwas tun, damit die Leser auf die Bücher der vielen kleinen unabhängigen Verlage aufmerksam werden. Dazu kamen noch verlagsinterne Neuerungen, es wurde ein Büroraum frei und so wurde unsere Idee Anfang 2012 in die Tat umgesetzt.
L: Wie reagierte die Konkurrenz auf die Laden-Eröffnung? Immerhin ist der Prenzlauer Berg ein Stadtteil, der nur so von Buchhandlungen wimmelt.
GS: Die Reaktionen waren ganz unterschiedlich. Vor allem die alteingesessene Buchhandlungen waren anfangs eher frustriert und skeptisch. Bei sechs fußläufig erreichbaren Läden kann ich natürlich verstehen, dass viele zuerst zurückhaltend waren. Aber anscheinend hatten sie eine falsche Vorstellung von unserem Konzept: Wir wollten nicht zur Konkurrenz werden und ebenfalls Buchbestellungen entgegennehmen, sondern der Laden sollte eher ein „Showroom“ werden. Neuere Buchhandlungen waren da nicht ganz so skeptisch.
L: Und wenn nun doch jemand kommt und ein Buch eines Konzern-Verlages bestellen möchte?
GS: Dann verweise ich auf die beiden nächst gelegenen Buchhandlungen.
L: Wie oft ändert sich die Bücherauswahl? Kommen oft neue Verlage hinzu?
GS: Grundsätzlich gibt es keinen Novitätendruck, wie man ihn aus klassischen Buchhandlungen kennt. Und selbst Stammkunden, die ein bis zwei Mal in der Woche vorbeikommen, können bei uns immer etwas Neues entdecken. Doch ich bin derzeit am überlegen, ob ich das Angebot dennoch austausche. Wir werden ständig auf neue Verlage aufmerksam und langsam reichen die 30 qm nicht mehr aus. Nun ist es auch so, dass wir hier einige Independent-Verlage präsentieren, die keinerlei Probleme mit den Vertriebswegen haben und auch oft in klassischen Buchläden zu finden sind. Vielleicht werde ich mich zukünftig auf die richtig kleinen Verlage konzentrieren, die im Buchhandel noch erhebliche Schwierigkeiten haben.
L: Stichwort Kundschaft: Kommen überwiegend Stammkunden in „Das besondere Buch“?
GS: Ja, das kann man schon so sagen. Natürlich kam es auch vor, dass sich jemand hierher „verirrt“, vergeblich nach der SPIEGEL-Bestsellerliste sucht, um dann verlegen den Laden wieder zu verlassen. Oder ein Kunde sucht ein spezielles Genre, beispielsweise einen Science-Fiction-Roman, oder einen bestimmten Autor. Viele Leser wissen natürlich nicht, welche Autoren aus unabhängigen Verlagen stammen. Das müssen sie ja auch gar nicht. Aber ich habe mir schon das Ziel gesetzt, den Leuten die Vielfalt bewusst zu machen. Es wäre schön, wenn sie ein Auge dafür bekommen, dass es hier Bücher gibt, die eine andere Buchhandlung vielleicht nicht hat.
L: Amazon steht ja aktuell wieder stark in der Kritik. Glaubst Du, dass derzeit ein Boom der unabhängigen Verlage und ein Trend zurück zur kleinen Kiezbuchhandlung stattfindet?
GS: Auf jeden Fall gibt es zurzeit eine größere Sensibilität, auch in der Politik. Man merkt schon, dass da etwas ins Rollen gekommen ist, ein gewisser Trend stattfindet. Dennoch bin ich sicher, dass viele Leser und Buchkäufer Amazon auch in Zukunft treu bleiben werden. Im Laden kommt man mit Kunden schnell über die ganze Amazon-Debatte ins Gespräch. Dann höre ich oft Bekenntnisse wie: „Ich habe da ja auch schon oft bestellt, aber ich will das jetzt ändern.“ Es würde mich natürlich sehr freuen, wenn sich immer mehr Menschen ihrer Verantwortung bewusst werden und bei ihrer „Kiezbuchhandlung um die Ecke“ kaufen.
L: Würdest Du dir auch von den großen Buchhandlungen ein Umdenken wünschen? Immerhin sind gerade dort Indiebooks sehr spärlich vertreten.
GS: Dass wir bei den großen Ketten nicht auftauchen, hat ja vor allem rein kommerzielle Gründe. Um die vielen Verkaufsflächen zu bestücken, sind Zehntausender-Auflagen nötig. Das wiederum können aber nur die großen Verlage bieten.
L: Aber das Konzept der Buchhandelsketten funktioniert ja nun auch immer weniger: Immer weniger Bücher, immer mehr Non-Book-Artikel.
GS: Da wären wir wieder beim Amazon-Problem: Der Internetriese weist die Buchhandelsketten in die Schranken, genau wie diese es wiederum geschafft haben, zuvor die kleinen Buchhandlungen und den Mittelstand in die Schranken zu weisen.
L: Glaubst du, dass am Ende möglicherweise nur Amazon und die kleinen Buchhandlungen überleben werden und sich dann der Käufer entscheiden muss: Lokal oder online?
GS: Ich denke nicht, dass die Ketten ganz verschwinden. Die haben eben auch ihr Publikum. Und unsere Erfahrungen zeigen: Wenn eine der vielen Filialen schließt, profitieren die alt eingesessenen Buchhändler trotzdem sehr wenig davon. Sicherlich werden immer mehr Filialen schließen, das ist keine Frage. Die Zahl ist ja jetzt schon rückläufig. Im Gegensatz dazu entstehen immer mehr kleine Buchläden. Man könnte fast von einer Renaissance sprechen. Ein Trend, der mich positiv in die Zukunft blicken lässt.
L: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führten Katharina Hierling und Claudia Katzmarski
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