Andre Lux hat einen Comic gezeichnet, gekritzelt und auf Karopapier verewigt. Im Stil seiner EgonForever!-Comicstrips ist jetzt die Geschichte von Lars, dem Agenturdepp erschienen, der zwischen Telkos und USPs in der Social Media Abteilung einer sehr hippen Werbeagentur arbeitet.
Lars hat gar keinen Bock auf seinen super-hippen Agenturjob. Während sich niemand traut, vor 22 Uhr den Laptop zu verlassen, kann Lars sich mit seinem Arbeitsleben nicht recht anfreunden: zwischen zu viel Kaffee, Rauchpausen, gewollt nerdigen Witzen und vermeintlich identitätsstiftenden Team-Meatings, bei dem die Kolleg*innen zum Arbeiten angeheizt werden – aber bitte auf die Work-Live-Balance achten-, fühlt er sich einfach nicht wohl. Doch dann kommt Lea ins Unternehmen und hält es keinen einzigen Tag in der Agentur aus.
Vom Comic-Strip zum Langspiel-Graphic-Novel
Die Geschichte ist kurzweilig, wirklich lustig und sorgen dafür, dass man beim Lesen schon ein bisschen schadenfroh über die Agentur-Sprache lachen kann. Alles trendy, alles muss ASAP passieren, der USP ist super im Moment und die nächste Telko und der baldige Pitch stehen auch schon an. Und da fragt man sich dann doch, wieso man alle diese Worte selbst eben auch kennt. Schön ist, dass der Comic nicht schwarz weiß bleibt – farblich schon, aber inhaltlich nicht -, wenn zum Beispiel Lars und der CEO nach einem Moment erzwungenen Smalltalks auseinander gehen und beide denken: „War doch ganz okay.“ Unsicherheit auch auf Seiten des Chefs, der sich leider Lars Namen nicht merken kann. Und dann, bei einer der vielen Pausenzigaretten, macht Lea es ihm klar:
Stell dir mal vor, Lars. Was wir hier machen. Das bringt niemandem etwas. NIEMANDEM. Sag‘ deine ganzen Scheiß-Termine ab. Wir treffen uns um 17.55, also am Feierabend.
Ihre völlig verrückte Idee: über einen sozialen Job nachdenken. Dazu gibt der Zeichner und Autor auf der letzten Seite übrigens Praxistipps für alle Leser*innen, die ebenfalls über Arbeit mit Menschen nachdenken.
Man muss den Stil mögen
Andre Lux Stil ist eigenwillig und hat Wiedererkennungswert. Die Kritzeleien, die bei kurzen Comics gut funktionieren, klappen auch bei längeren erstaunlich gut. Man muss diese Art der Zeichnung mögen und wahrscheinlich spricht der Kritzelstil auf Karopapier auch besonders die eingeschworenen EgonForever!-Fans an. Es gelingt auf jeden Fall nur mit Strichmännchen eine gar nicht so oberflächliche und auf jeden Fall amüsante Geschichte zu erzählen. Charmant auch die Tippexkorrekturen und manchmal verschmierten Linien, als hätte man nur kurz einen Blick auf Andre Lux Schreibtisch geworfen. Ein Comic, dem man seine Entstehung, seinen Werkstattcharakter noch ansieht. Das ist schön speziell.
Andre Lux: Lars - Der Agenturdepp, Cross Cult 2019.
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