Heute startet zum zehnten Mal das FESTIVAL INERNATIONALE NEUE DRAMATIK der Berliner Schaubühne – kurz: F.I.N.D. Wie immer gibt es einen thematischen Schwerpunkt, dieses Mal sind dies die drei Amerikas. Einerseits natürlich anlässlich des 200. Jubiläums der Unabhängigkeit spanischer Kolonien von Feuerland bis Mexiko, andererseits weil das Problem der Identitätsfindung zu sozialen, ökonomischen und kulturellen Konflikten führt, die in Lateinamerika offen ausgetragen werden und diesen Kontinent stark prägt, was sich entsprechend auch in der Literatur und dem zeitgenössischen Theater zeigt.
Das Programm des F.I.N.D. kann sich mehr als sehen lassen. Sogar Rafael Spregelburd wird anwesend sein und, heute beginnend, an vier Abenden jeweils um 22:30 Uhr eine szenische Lesung zu seiner Theaternovela Bizarra präsentieren. Stattfinden wird das Ganze in einem ehemaligen Fitnessstudio am Adenauerplatz, wobei die große Glasfront, die den Blick auf die Stadt erlaubt, als Bühnenbild fungieren wird. Gelesen wird jeweils nur ein Auszug und Spregelburd wird so einführen, dass man auch mal die eine oder andere Lesung verpassen kann. Außerdem wird mit Paranoia der dritte Teil seiner „Heptalogie des Hieronymus Bosch“ aufgeführt. Das vorherige Stück Die Panik, das ich im Badischen Staatstheater damals gesehen habe, war wirklich großartig. Paranoia wird da mit Sicherheit in nichts nachstehen.
Besonders interessant für Liebhaber lateinamerikanischer Literatur (und nicht nur für diese) dürfte eine weitere Lesung sein, die am Samstag stattfinden wird. Bolaños 2666, erschienen im Hanser Verlag, dürfte inzwischen wohl jedem ein Begriff sein. Es ist nicht nur ein sehr dickes und sehr erfolgreiches, sondern auch ein wirklich hervorragendes, beeindruckendes Buch, aber leider auch Bolaños letztes. Àlex Rigola, der weltweit der Einzige ist, der über die Aufführungsrechte verfügt (und deshalb ebenfalls anwesend sein wird), hat daraus eine 5-stündige Theaterfassung gemacht. An der Schaubühne wird eine Kurzfassung dieses Stückes in Form einer inszenierten Lesung präsentiert, auf die man mit Sicherheit gespannt sein darf.
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Heftig, war sie, die szenische Lesung von „2666“, gestern Abend in der Schaubühne. Die zunächst verrückt-heitere Stimmung kippte in eine bedrohliche Atmosphäre aus Party, Sex, Drogen, Gewalt und Exzess. Das Finale: Eine nackte blutende Frau windet sich auf einem Tisch. Sie stöhnt, weint, wimmert und schreit, während symbolisch für die ermordeten Frauen der Stadt Holzkreuze aufgestellt werden. Im Hintergrund werden alle 2666 Namen der Toten an die Wand projiziert. Mir zitterten hinterher ein wenig die Knie…