Einfach sympathisch – unabhängige Verlage auf der Leipziger Buchmesse

Die Sonne scheint, in der Glashalle ist es warm wie in einem Gewächshaus. Besser könnte der Tag nicht starten! Es ist Donnerstag und die Leipziger Buchmesse 2014 beginnt. Im Gedränge angekommen, machen wir von Litaffin uns gleich auf den Weg zur Halle 5, um dort einer kleinen aber feinen Führung beizuwohnen. Beim Independent-Rundgang stellt uns Inci Bürhaniye vom binooki Verlag ausgewählte unabhängige Verlage vor – und wir begleiten sie. Dabei bekommen wir auch ein paar Anregungen, welche Bücher es sich vielleicht am bevorstehenden Indiebookday zu erstehen lohnt.

Binooki auf der Leipziger Buchmesse
Binooki auf der Leipziger Buchmesse – Inci Bürhaniye (rechts) und Praktikantin Katharina

Erster Halt: mairisch Verlag. Der Hamburger Verlag, der auch Initiator des Indiebookdays ist, hat seinen Schwerpunkt auf Belletristik, junge Literatur und Debütromane gelegt. Entdeckt wurde dabei solch ein toller Autor wie Finn-Ole Heinrich. Wie bei eigentlich allen kleinen Verlage wird auch hier besonders auf die Gestaltung wertgelegt. Da machen die schönen Graphic Novels im Programm nur Sinn. Ein Buch am Stand sticht mit seinem glänzend-goldenen Einband besonders ins Auge: die Neuausgabe von Michael Weins‘ Goldener Reiter. Daniel Beskos erzählt uns außerdem, dass sie neuerdings auch Musik verlegen, denn schließlich kann man außergewöhnliche Songtexte auch zu Literatur zählen. Sehen wir genauso und hören gleich mal rein!

Weiter geht es zum Verlagshaus J. Frank. Der schlichte Stand in schwarz mit bequemem Ledersofa sieht gleich einladend aus. An der Wand steht ganz groß „poetisiert euch“, denn Lyrik ist neben Kurzprosa und Illustrationen seit 2010 wichtigster Bestandteil des Verlagsprogramms. Anschließend statten wir dem Doppelstand von AvivA und Mandelbaum aus Wien einen Besuch ab. „Nur keine Musen“ heißt es auf einem Plakat bei AvivA, denn die Literatur dieses Verlags beschäftigt sich vor allem mit Frauen, die selbst in Kunst und Kultur tätig sind oder waren. Es werden jüdische Autoren wiederentdeckt und vor allem Biografien veröffentlicht. Mandelbaums Parallelen zu AvivA liegen in der jüdischen Zeit- und Kulturgeschichte und in den 20er Jahren, mit denen sich beide Verlage beschäftigen. Das Programm des Wiener Verlags ist dabei sehr vielfältig und beinhaltet auch Koch- und „Klangbücher“ – alles mit kulturgeschichtlichem Anspruch.

Wir beschließen den Rundgang am Stand des Verbrecherverlags, der dieses Jahr auf der Buchmesse mit dem Kurt-Wolff-Preis 2014 ausgezeichnet wurde. Der erste Blick fällt gleich auf die neue Graphic Novel von Dietmar Dath Mensch wie Gras wie. Die Verbrecherei hat es sich vor allem zur Aufgabe gemacht, junge Autoren zu fördern, aber auch alte Werkschauen wieder zur Verfügung zu stellen und Bücher neu aufzulegen. Besonders schön ist auch die Filmliteratur-Reihe „Filit“.

Daneben wieder am binooki Stand angekommen, haben wir noch kurz mit Inci geplaudert und dabei wieder einmal festgestellt, wie sympathisch die Atmosphäre dort bei den Independent-Verlagen einfach ist.

Emrah Serbes "junge verlierer"
Emrah Serbes „junge verlierer“

Inci, dieses Jahr seid ihr richtig gefragt und musstet euch aufteilen, weil es auch Veranstaltungen auf der lit.Cologne gibt. Bist du heute allein hier?
Ja, ich bin mit Katharina, der Praktikantin, hier. Meine Schwester fährt morgen nach Köln und begleitet dort unsere Autoren Gaye Boralıoğlu und Alper Canıgüz.

Wie ist es für dich, dieses Mal ohne deine Schwester Selma hier zu sein? Ist das irgendwie anders?
Ja, es ist irgendwie schon anders. Meine Schwester fehlt mir. Weil wir immer alles zusammen machen ist das schon ungewohnt. Aber so ganz allein bin ich ja nicht. Katharina unterstützt mich ein bisschen und die ganzen Kollegen sind ja auch noch da.

Man sieht, ihr habt euch bereits sehr gut eingelebt innerhalb der unabhängigen Verlage. Erst vor zwei Jahren wart ihr das erste Mal hier. Hättest du dir damals vorstellen können, dass du heute die Führung dazu geben wirst?
Nein! (lacht) Ich war auch völlig überrascht, als ich hörte, „Magst du das nicht machen?“ Und ich: „Ähhh, okay!“ Aber das ist natürlich ein schönes Gefühl. Gestern auch als wir hier auf das Messegelände fuhren und die Dame am Tor meinte „Kennen Sie sich denn auf dem Gelände aus?“ und ich stolz sagen konnte „Ja!“. Das ist sehr schön.

Und was erwartest du dieses Jahr von der Buchmesse? Gibt es etwas Neues?
Am Sonntag werde ich etwas auf der Leseinsel lesen – das ist das erste Mal, dass ich etwas vortragen werde und wir eine Lesung haben. Ich bin gespannt, wie das ankommt. Ansonsten freue ich mich auf ganz viele Leser, die mich hier dieses Mal hoffentlich auch überfallen, die neugierig sind auf die Bücher. Und insbesondere auch, dass man wiedererkannt und wiedergefunden wird. Das ist für mich auch schön, dass das jedes Jahr mehr wird.

Nächste Woche ist wieder Indiebookday. Welches Buch aus eurem Programm kannst du besonders empfehlen?
Wunderbar ist die Neuerscheinung junge verlierer von Emrah Serbes. Das sind Erzählungen von Jungen im Alter von 10 bis 16/17 Jahren, die es im Leben nicht leicht haben und die tatsächlich immer so ein bisschen am Rande sind, aber trotzdem ihr Leben großartig meistern. Es ist traurig, wenn man sich deren Leben bewusst macht. Es ist aber auch sehr amüsant und witzig geschrieben. Die Sprache, die Emrah benutzt ist einfach großartig – besondere Literatur wirklich.

Besonders finden wir auch den binooki Verlag und danken Inci für die tolle Führung und das nette Gespräch. Die Lesung zu Die Verwandlung des Hector Berlioz von Alper Canıgüz findet am Sonntag, 16. März um 13.00 Uhr auf der Leseinsel Junge Verlage in Halle 5, Stand D200 statt.

 

Sophie Gottschall
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