„The Writing Poor“

„Warum ist die deutsche Gegenwartsliteratur so brav und konformistisch?“

bäume
© Lasse Wandschneider

Diese Klage Florian Kesslers in der Zeit hat eine Debatte im und über den Literaturbetrieb ausgelöst. Kessler, Absolvent des Studiengangs Kreatives Schreiben in Hildesheim, kritisiert den Vorteil bildungsbürgerlicher Kinder, die genug soziales und ökonomisches Kapital mitbringen, um im Literaturbetrieb Erfolg zu haben. Er selbst musste die Tür zum deutschen Literaturbetrieb „nicht gerade mit der Axt aufhacken“: „Ich lachte viel und an den richtigen Stellen. `Willkommen in Hildesheim!´, rief Ortheil.“

Solange das Erfolgsrezept für Autoren lautet: passe dich an, lache an den richtigen Stellen und trage am besten eine Hornbrille, muss die literarische Vielfalt notwendig dem Untergang entgegen sehen.

Das Problem ist grundsätzlich kapitalistischer Natur: Literatur (wie alle Kunst überhaupt) und die Logik des Marktes gehen nicht gut zusammen. Kreativität und künstlerische Autonomie erscheinen als direkte Gegenteile von Konformität und Popularität – Letztere beides Eigenschaften, die der Markt bedingungslos fordert.

Zur Selbstdarstellung und Selbstvermarktung junger Autoren kommt ein struktureller Wandel in der Buchbranche: Neben der Tendenz zur Monopolisierung (Bsp. Random House) und dem Niedergang mittelständischer und kleiner Verlage bewirken die neuen schnelleren digitalen Produktionstechniken zugleich, dass immer mehr Bücher um die Aufmerksamkeit der durch Smartphones abgelenkten Leser konkurrieren.

Die Soziologin Carolin Amlinger spricht im Freitag („Es ist die Marktlogik!“) außerdem von einer veränderten Beziehung zwischen Autor und Verlag: „Steigt die Renditeerwartung der Verlage, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Zusammenarbeit mit dem Autor bei „Marktversagen“ aufgekündigt wird.“

Der Erfolg eines Buches steht schon bei seiner Entstehung im Vordergrund und definiert sich zunehmend über dessen Marktwert. Der künstlerische Wert eines Buches dagegen ist – kapitalistisch gesehen – nichts wert. Auf diese Weise werden ausschließlich Bücher produziert, die Erfolg versprechen.

Irgendwann tragen alle nur noch Hornbrillen und lachen an den passenden Stellen. Und alle anderen lesen nur noch Jonas Jonasson?

Weiterlesen auf:

www.zeit.de/2014/04/deutsche-gegenwartsliteratur-brav-konformistisch
www.freitag.de/autoren/der-freitag/es-ist-die-marktlogik

 

Letzte Artikel von Jule Hoffmann (Alle anzeigen)

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen